Position des Deutschen Tierschutzbundes zur Kennzeichnung frei lebender Katzen

Im Zuge der Kastrationsaktionen sollten frei lebende Katzen nach erfolgter Kastration sichtbar gekennzeichnet werden, so dass die Tiere schon aus der Ferne als kastriertes Tier von anderen, noch unkastrierten frei lebenden Katzen unterschieden werden können.

Weiterhin ist es sinnvoll, die Katzen zusätzlich dauerhaft und individuell zu kennzeichnen mittels Injektion eines Transponders, der einen passiven Mikrochip mit einer individuellen Kennzeichnungsnummer beinhaltet. Durch eine anschließende Registrierung, zum Beispiel bei FINDEFIX, dem Haustierregister des Deutschen Tierschutzbundes, kann jede Katze unverwechselbar gemacht werden. Zudem können bei der Registrierung individuelle Daten – u.a. über das Geschlecht des Tieres, sein geschätztes Alter, das Datum der Kastration und den aktuellen Gesundheitsstatus – dokumentiert werden.

Die Kennzeichnung frei lebender Katzen muss in jedem Falle im Zuge der Kastration unter Narkose vorgenommen werden!

Allgemeine Anforderungen an die Kennzeichnung:

  • möglichst dauerhafte Kennzeichnung
  • möglichst individuelle Kennzeichnung
  • leicht erkennbar (auch auf eine gewisse Distanz)
  • Tier ist nicht in seinem arttypischen Verhalten eingeschränkt
  • keine Verletzungsgefahr
  • keine Infektionsgefahr
  • nicht ohne Weiteres nachzuahmen

Kennzeichnungs-Methoden aus Tierschutzsicht

Implantation eines Transponders (Mikrochip)

Im Rahmen von Kastrationsaktionen frei lebender Katzen ist es sinnvoll, die Tiere jeweils mittels eines Transponders zu kennzeichnen. Der Mikrochip darin enthält eine einmalig vorkommende 15stellige Kennzeichnungsnummer, die – nach der Registrierung – eine individuelle Zuordnung der Tiere zulässt. Bei der Registrierung können neben den allgemeinen Eigenschaften der Katze auch deren Geschlecht, das Datum der Kastration und der Gesundheitsstatus (Impfstatus) mit erfasst und gegebenenfalls später auch einmal aktualisiert werden. Durch eine Kennzeichnung der frei lebenden Katzen kann deren Population besser kontrolliert werden. Aufgefundene lebende oder tote Tiere können zudem schneller zugeordnet werden. So entsteht möglicherweise auch eine bessere Akzeptanz in der Bevölkerung gegenüber Katzen – auch in Bezug auf notwendige Futterstellen.

Um dem Tier ein späteres Wiedereinfangen möglichst zu ersparen, sollte zudem eine Markierung angebracht werden, die aus der Entfernung leicht zu erkennen ist (siehe Punkt 2).

Der implantierte Mikrochip ist passiv. Das heißt, er sendet keine Signale. Er kann nur mittels eines Ablesegerätes abgelesen werden. Hierzu muss das Tier in der Regel eingefangen werden. In manchen Fällen ist es möglich, den Transponder abzulesen, während das Tier sich in der Lebendfalle befindet. Kann kein Transponder abgelesen werden, so ist entweder keiner vorhanden oder die Falle bzw. die Bewegungen des Tieres verhindern das Ablesen. Wird ein Transponder durch das Lesegerät erkannt, handelt es sich entweder um eine bereits gekennzeichnete frei lebende Katze – dann ist sie mit hoher Wahrscheinlichkeit auch kastriert – oder um eine kastrierte oder unkastrierte gekennzeichnete Freigängerkatze aus Privathaushalt bzw. ein ausgesetztes Tier. In jedem Fall sollte ohne große Zeitverzögerung das Haustierregister kontaktiert werden. Ist die Katze dort registriert, kann sie zweifelsfrei zugeordnet werden. Wurde zudem hinterlegt, dass sie bereits kastriert wurde, kann das Tier sofort freigelassen werden.

Kann kein Transponder abgelesen werden und hat das Tier auch sonst keine weiteren Kennzeichnungen, wird die Katze zunächst ins Tierheim verbracht. Erhärtet sich dort der Verdacht, dass es sich um eine Katze aus einem Privathaushalt handeln könnte, muss abgewägt werden, ob das Tier an seinem angestammten Ort wieder freigelassen werden kann oder ob es zunächst im Tierheim betreut wird, bis der Halter ausfindig gemacht werden kann. Die Tierheime sind hier auch an die gesetzlichen Vorgaben der jeweiligen Gemeinde bzw. des Bundeslandes gebunden.

Vorteile des Transponders:

  • permanente und individuelle Kennzeichnung und Registrierung möglich
  • in der Regel keine Fremdkörperreaktion
  • Tier ist nicht im arttypischen Verhalten eingeschränkt
  • keine Verletzungs- und Infektionsgefahr (bei fachgerechter Durchführung)
  • geringe Schmerzhaftigkeit bei Implantation

Nachteile des Transponders:

  • keine optische Erkennbarkeit
  • Ablesen nur mit speziellem Lesegerät
  • Ablesen nur unmittelbar am Tier möglich

2. Ohrkerbe/Ear tipping

Als zusätzliche Kennzeichnungsmethode für frei lebende Katzen – ergänzend zum Transponder – eignet sich am ehesten das Setzen einer Ohrkerbe oder das sogenannte Ear tipping. Der größte Vorteil: Diese Markierungen sind aus der Distanz zu erkennen (gegebenenfalls mit Hilfe eines Fernglases). So kann ein Bestand frei lebender Katzen aus einiger Entfernung beobachtet und in Bezug auf kastrierte bzw. unkastrierte Tiere geprüft werden. Neu zugewanderte, möglicherweise noch nicht kastrierte Katzen können relativ leicht identifiziert werden.

Die Markierung sollte stets an einer der beiden Ohrspitzen (üblicherweise immer am linken Ohr) vorgenommen werden. So kann eine Verwechslung mit einer Verletzung z.B. durch einen Kampf weitestgehend ausgeschlossen werden. Kampfverletzungen sind eher an den Seiten der Ohren zu beobachten. Da ausschließlich ein kleiner Teil der Ohrspitze entfernt wird, kann man zudem davon ausgehen, dass die Sinnesleistung des Gehörs bzw. das Ausdrucksverhalten der Katze durch den Eingriff nicht wesentlich beeinflusst wird. Infektionen der Wundränder treten bei fachgemäßer Durchführung kaum auf.

Bei einer Ohrkerbe handelt es sich entweder um ein entferntes kleines gleichseitiges Dreieck oder besser noch um ein halbrundes Kerbstück an der Spitze des (linken) Ohres. Die Ohrkerbe zu setzen ist vor allem dann unkompliziert, wenn es mithilfe einer sterilen Kerbzange für Schafe und Schweine geschieht. Die Methode geht schnell, ist in den meisten Fällen unblutig und scheint postoperativ kaum Schmerzen oder Irritationen zu verursachen.

Beim Ear tipping, einer alternativen Methode, wird ein kleiner Teil (wichtig: nur wenige Millimeter) der Spitze des Ohrs quer entfernt. Das zu entfernende Stück wird mittels Arterienklemme abgeklemmt – nicht zu fest, um Nekrosen zu vermeiden. Durch sterilen Scherenschlag wird die Ohrspitze entfernt. Die Wundränder werden anschließend mit Hilfe eines Elektrokauters verödet oder mit einem Hämostatikum behandelt. So wird die Bildung von Wundschorf gefördert. Nach Binder (2008) ist das Ear tipping gegenüber der Ohrkerbe zu bevorzugen, da bei einem geraden Schnitt eine besonders kleine Wundfläche entsteht und das Ohr anschließend weniger leicht einreißen kann. Außerdem ist eine Kennzeichnung durch Ear tipping besser von einer möglichen Kampfverletzung zu unterscheiden. Allerdings kommt es durch den verursachten Schorf an den Wundrändern häufiger zu Irritationsreaktionen der Katzen als beim unblutigen Setzen der Ohrkerbe mittels Kerbzange.

Das Setzen der halbrunden Ohrkerbe mittels Kerbzange kann nach Abwägung alles Vor- und Nachteile als geeignetste Methode genannt werden.

Vorteile der Ohrkerbe/des Ear tipping:

  • gute optische Erkennbarkeit auch auf eine größere Distanz
  • kein „Fremdkörper“
  • dauerhafte Kennzeichnung
  • keine auffälligen Schmerzsymptome der Tiere nach der Kennzeichnung erkennbar
  • arttypisches Verhalten ist in der Regel später nicht eingeschränkt

Nachteile der Ohrkerbe /des Ear tippings:

  • keine individuelle Kennzeichnung
  • kann als Amputation eingestuft werden und damit unter das Amputationsverbot des Tierschutzgesetzes fallen (siehe rechtliche Beurteilung in Deutschland)
  • kann unter Umständen mit einer Kampfverletzung verwechselt werden (vor allem die dreieckige Ohrkerbe)
  • beim Ear tipping teilweise Irritationen durch den behandelten Wundrand

Rechtliche Beurteilung in Deutschland

Laut § 5 Tierschutzgesetz (TierSchG) darf an einem Wirbeltier „ohne Betäubung ein mit Schmerzen verbundener Eingriff nicht vorgenommen werden“. § 6 TierSchG behandelt zudem die Einschränkungen der Amputation an Wirbeltieren. Das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen Referat VI-5 Tierschutz, Tiergesundheit erklärt den Sachverhalt folgendermaßen: „Das TierSchG enthält keine grundsätzliche Regelung zu Kennzeichnungsmaßnahmen. Die Vorschrift des § 5 regelt lediglich, wann für Eingriffe an Tieren eine Betäubung erforderlich ist. Zwar ist nach § 6 Absatz 1 TierSchG das Entnehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres grundsätzlich verboten. Die Vorschrift enthält einen Katalog von Ausnahmen. Die Ohrkerbung (und demnach auch das Ear tipping) von Katzen ist in dem Katalog des § 6 Absatz 1 Satz 2 TierSchG nicht aufgeführt. Die Ohrkerbung von Katzen im Rahmen einer Kastration ist jedoch kein eigenständiger Eingriff, sondern ist als solche Teil einer Kennzeichnung im Rahmen einer tierärztlichen Maßnahme (Kastration). Dies unterscheidet diesen Eingriff von anderen Maßnahmen nach § 6 TierSchG, die mit einer Zerstörung von Gewebe einhergehen, etwa das Kürzen von Schnäbeln und Schwänzen bei Nutztieren. § 1 Absatz 2 TierSchG legt als obersten Grundsatz des Gesetzes fest, dass keinem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden dürfen. Frei lebende Katzen sind in aller Regel sehr scheu und lassen sich nicht freiwillig berühren. Das Einfangen und Handling bedeutet für diese Katzen ein Leiden im Sinne des Tierschutzgesetzes, weil es ihnen Angst und großen Stress bereitet. Die Kennzeichnungen mittels Mikrochip oder Tätowierung sind im Hinblick auf die Möglichkeit, kastrierte von unkastrierten Tieren bereits aus der Entfernung zuverlässig zu unterscheiden, nicht gleich effektiv. Ein Mikrochip ist äußerlich nicht zu erkennen, eine Tätowierung nicht in allen Fällen und nur aus nächster Nähe. [...] Das Vorhandensein eines Chips lässt zudem auch keinerlei Rückschlüsse darauf zu, ob die Katze kastriert worden ist oder nicht. Die Katze muss zusätzlich untersucht werden. Die Ohrkerbung [und demnach auch das Ear tipping] erspart der bereits kastrierten Katze ein weiteres Einfangen und Untersuchen, den Transport, ggf. sogar eine Sedierung und ist – da sie im Rahmen einer ohnehin stattfindenden Operation und daher unter Bewusstseins- und Schmerzausschaltung erfolgt – verhältnismäßig erheblich weniger belastend. Für das Ohrkerben [und demnach auch das Ear tipping] frei lebender Katzen bestehen daher zahlreiche tierschutzfachliche Argumente, die seine Zulässigkeit – auch vor dem Hintergrund des Gebotes einer tierschutzkonformen Auslegung von Vorschriften – rechtfertigen. Sofern die Maßnahme in Vollnarkose im Rahmen der ohnehin stattfindenden Kastration erfolgt, wird diese Kennzeichnungsmethode daher als tierschutzrechtlich zulässig angesehen.“

3. Tätowierungen

Eine Tätowierung als Kennzeichnungsmethode für frei lebende Katzen wird in der Regel in der Ohrmuschelinnenseite beider Ohren vorgenommen. Sie findet zumeist mittels Tätowierzange statt. Nachdem die Kennzeichnungsnummer eingestanzt wurde, wird Tätowierfarbe aufgetragen. Grüne Farbe ist aus der Distanz besser zu erkennen, schwarze Farbe jedoch meistens über längere Zeit lesbar. Theoretisch kann anhand der Kennzeichnungsnummer der Katze (z.B. zusammengesetzt aus Ortskennzeichnung, Tierarztinitialen, laufender Nummer) das Tier später relativ sicher zugeordnet werden.

Leider ist die Tätowierung im Ohr einer Katze jedoch aus einiger Entfernung nur schwer zu erkennen. Zudem verblasst die tätowierte Kennzeichnungsnummer für gewöhnlich nach einigen Jahren. Sie ist dann nicht mehr zu lesen – schon gar nicht aus der Distanz. Eine Doppelkennzeichnung mittels Transponder (Mikrochip) und Tätowierung wäre aus Tierschutzsicht nur dann vertretbar, wenn die Tätowierung ohne Zwangsmaßnahmen, bestenfalls auch auf Distanz erkennbar wäre. Dies ist zumeist nicht der Fall. Die doppelte Kennzeichnung ist demnach unnötig. Gegebenenfalls vertretbar wäre eine Doppelkennzeichnung mittels Tätowierung und halbrunder Ohrkerbe. Allerdings ist dabei nach der Narkose mit vermehrten Irritationsreaktionen der Katzen zu rechnen.

Vorteile der Ohrtätowierung:

  • optische Erkennbarkeit bei geringer Distanz (für gewöhnlich ist das Einfangen zum Erkennen/Ablesen der Kennzeichnung notwendig)
  • keine größere Infektionsgefahr (bei fachgerechter Durchführung)
  • keine Behinderung des arttypischen Verhaltens
  • Zuordnung der Katze anhand der Kennzeichnungsnummer möglich (sofern das Tier auch registriert wurde)

Nachteile der Ohrtätowierung:

  • aus der Entfernung nicht sicher erkennbar, zumeist muss das Tier zum Erkennen/Ablesen eingefangen werden
  • nur bedingt permanent: nicht immer gut lesbar, bei manchen Tieren nimmt die Haut die Tätowierfarbe schlecht auf oder diese kann mit der Zeit verblassen
  • bei dunkel pigmenierten Tieren ist eine Ohrtätowierung ggf. schlecht sichtbar
  • teils starke Irritation durch abtrocknende Tätowierfarbe, die erst nach einigen Tagen abfällt

Abschließende Empfehlung

Frei lebende Katzen sollten im Rahmen der Kastration durch eine Kombination zweier Kennzeichnungsmethoden markiert werden: Injizieren eines Transponders (Mikrochip) für die individuelle Zuordnung und einer halbrunden Ohrkerbe für die Distanzerkennung.

Alternativ können die Ohren von Katzen mit einer Kennzeichnungsnummer tätowiert und mittels Ohrkerbe markiert werden. Dies birgt jedoch einige Nachteile (s.o.)und ist demnach nicht die bestmögliche Lösung.

Eine Ohrkerbe bzw. das Ear tipping als alleinige Kennzeichnung ist nicht als Optimal-Lösung zu bewerten, da hierdurch keine individuelle Zuordnung der Tiere möglich ist.

Die Registrierung aller Tiere, die per Transponder oder Tätowierung gekennzeichnet wurden, in einem Haustierregister, z.B. bei FINDEFIX, dem Haustierregister des Deutschen Tierschutzbundes – erreichbar über www.findefix.com – ist sinnvoll, um eine eindeutige kommunenübergreifende Zuordnung der Katzen zu erreichen. Wünschenswert  wäre, dass die Kommunen ihrer Verantwortung nachkommen und frei lebende Katzen auf den Namen der Gemeinde registrieren lassen. Da dies bisher aber keine übliche Praxis ist, registrieren Tierschutzvereine frei lebende Katzen zumeist im Namen des Vereins, der die Kastrationen durchgeführt hat. Soweit der Tierschutzverein die Katzen im eigenen Namen registrieren lassen möchte, sollte im Registriereintrag eindeutig dokumentiert werden, dass es sich um eine frei lebende und demnach herrenlose Katze handelt. Durch diesen Hinweis kann vermieden werden, dass der Tierschutzverein rechtlich als Halter belangt wird. 

Quellen

  • R.Binder (2008): Zur tierschutzrechtlichen Zulässigkeit der Entfernung einer Ohrspitze (ear tipping) zur Markierung verwilderter Hauskatzen im Rahmen von Kastrationsprojekten
  • F.Jaeger(2015) Bericht vom 16.7.2015, AZ:8.84-01.09.60.01. Im Auftrag Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen Referat VI-5 Tierschutz, Tiergesundheit, Tierarzneimittel (LANUV)

Weitere Informationen zum Thema

  • Deutscher Tierschutzbund e.V.: Broschüre: Frei lebende Katzen
  • Deutscher Tierschutzbund e.V.: „Position zum Umgang mit frei lebenden Katzen“
  • Deutscher Tierschutzbund e.V.: „Frei lebende Katzen im Rahmen von Kastrationsaktionen tierschutzgerecht einfangen“
  • Deutscher Tierschutzbund e.V.: „Hintergrundinformationen zur Kastration frei lebender Katzen“

Stand November 2017